Dieser Fachbeitrag beleuchtet fünf ausgewählte Kooperationsmodelle im Krypto-Ökosystem, die exemplarisch darstellen, wie etablierte deutsche Banken ihre Strategien neu ausrichten, um den Herausforderungen und Chancen der Kryptowelt zu begegnen. Während traditionelle Banken ihre DLT-Ambitionen verstärken, suchen sie gezielt die Zusammenarbeit mit spezialisierten Krypto-Unternehmen, um ihre Services zu erweitern. Vertiefend dazu empfiehlt sich auch die Lektüre unserer fundierten Analyse zu den Krypto Strategien deutscher Banken.
Im Folgenden werfen wir einen detaillierten Blick auf fünf vielversprechende Partnerschaften. Diese strategischen Allianzen verbinden die Regulierungserfahrung und Kundenbeziehungen etablierter Banken mit der technologischen Innovation spezialisierter Krypto-Unternehmen.
DWS & Flow Traders & Galaxy Digital – AllUnity
Die Deutsche Bank-Tochter DWS hat im Dezember 2023 gemeinsam mit Flow Traders und Galaxy Digital das Joint Ventures AllUnity gegründet, das einen vollständig besicherten Euro-denominierten Stablecoin entwickeln und emittieren will. Das Gemeinschaftsunternehmen kombiniert die Portfoliomanagement- und Produktstrukturierungsfähigkeiten der DWS, die Liquiditätsbereitstellung von Flow Traders sowie die technische Infrastruktur von Galaxy Digital. Die Besicherung des Stablecoins soll durch Euro-Fiat und hochqualitative liquide Assets wie deutsche Staatsanleihen erfolgen.
Die technische Umsetzung erfolgt durch Galaxy’s Tochtergesellschaft GK8, die ihre Tokenisierungs- und Verwahrungstechnologie bereitstellt. Ein besonderer Fokus liegt auf der Nutzung des Stablecoins für IoT-Anwendungen, bei denen Unternehmen Zahlungen in Bruchteilen und rund um die Uhr durchführen können. Die Partnerschaft profitiert vom neuen MiCA-Regulierungsrahmen der EU und positioniert sich als erste regulierte Euro-Stablecoin-Initiative aus Deutschland.
Die gemeinsame Entwicklung des Stablecoins erfordert umfangreiche technologische Anpassungen. Die Partner arbeiten daran, die Vorteile der Blockchain-Technologie – wie Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Effizienzsteigerung – in ein System zu überführen, das den bestehenden regulatorischen Rahmenbedingungen, insbesondere den Anforderungen der MiCA entspricht. Dabei fließen sowohl interne Innovationsprozesse der Deutschen Bank als auch externe Marktkenntnisse der Kooperationspartner in die Konzeption ein. Die Expertise von Flow Traders im Bereich algorithmischer und elektronischer Handelsstrategien ergänzt die strategische Ausrichtung, indem sie Optimierungen in der Transaktionsabwicklung ermöglicht. Galaxy Digital wiederum bringt umfangreiche Erfahrungen im digitalen Asset Management mit, die insbesondere für die Bewertung, Liquiditätsmanagement und Strukturierung des Stablecoins von Bedeutung sind.
Deutsche Bank & crypto.com
Die Deutsche Bank hat im Dezember 2024 eine strategische Partnerschaft mit Crypto.com geschlossen, die zunächst die Bereitstellung von Corporate-Banking-Dienstleistungen in Singapur, Australien und Hongkong umfasst. Diese Zusammenarbeit zielt darauf ab, Crypto.com eine nahtlose Unternehmensbanking-Infrastruktur zu bieten und die operative Effizienz in der Region zu steigern. Die Partnerschaft ist Teil einer breiteren Expansionsstrategie beider Unternehmen, wobei eine schrittweise Ausweitung der Dienstleistungen auf Europa und Großbritannien geplant ist.
Ziel ist es, institutionellen und privaten Kunden in den Zielmärkten einen verlässlichen Zugang zu digitalen Finanzprodukten zu ermöglichen, der sowohl den Anforderungen der lokalen Regulierungsbehörden als auch den globalen Standards entspricht. Im Rahmen der Kooperation werden bestehende IT-Infrastrukturen erweitert, um den sicheren Transfer und die Verwahrung von Krypto-Assets zu gewährleisten. Dies schließt die Integration moderner Sicherheitsprotokolle und die Anpassung der internen Risikomanagementsysteme ein, sodass Transaktionen in Echtzeit überwacht und nachvollzogen werden können.
Gleichzeitig bietet die Partnerschaft der Deutschen Bank die Möglichkeit, von den internationalen Erfahrungen und innovativen Ansätzen von Crypto.com zu profitieren, was insbesondere im Hinblick auf die Optimierung der Abwicklungsvorgänge und die Senkung der operativen Kosten relevant ist. Beide Partner streben an, ihre jeweiligen Stärken zu kombinieren, um ein Produktportfolio zu entwickeln, das über herkömmliche Bankdienstleistungen hinausgeht und neue Finanzdienstleistungsmodelle, beispielsweise im Bereich digitaler Zahlungsverkehr, ermöglicht.
DZ Bank & Ripple
Die DZ Bank hat Anfang 2025 in Zusammenarbeit mit Ripple eine digitale Vermögensverwaltungsplattform eingeführt. Die Plattform optimiert die Verwaltung und Abwicklung digitaler Vermögenswerte – insbesondere von Krypto-Wertpapieren. Dank integrierter Sicherheitsmechanismen und einer robusten Wallet-Verwaltung soll die Lösung höchste Sicherheitsstandards bieten und zugleich eine effiziente Transaktionsabwicklung gewährleisten
Die DZ BANK hat sich für Metacos (von Ripple im Mai 2023 übernommen) digitale Asset-Plattform Harmonize entschieden. Die Plattform ermöglicht es der Bank, Krypto-Wertpapiere und digitale Währungen sicher zu verwahren und in ihre bestehenden Asset-Management-Dienstleistungen zu integrieren – und das vollständig im Einklang mit den regulatorischen Anforderungen (etwa des deutschen eWpG). Harmonize bietet flexible Einsatzmöglichkeiten, eine hardwaregestützte Schlüsselverwaltung sowie anpassbare Governance-, Risiko- und Compliance-Kontrollen, die eine strikte Trennung von Geschäftsbereichen und Kunden gewährleisten. Damit möchte DZ BANK eine zukunftssichere Lösung schaffen, die nicht nur den Anforderungen institutioneller Investoren gerecht wird, sondern auch das Potenzial digitaler Währungen und dezentraler Finanzinstrumente optimal ausschöpft.
Ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit besteht darin, die herkömmlichen Prozesse der Wertpapierabwicklung zu digitalisieren und dadurch Effizienzsteigerungen zu realisieren.
LBBW & Bitpanda
Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat im April 2024 eine strategische Partnerschaft mit der Krypto-Plattform Bitpanda geschlossen, die zunächst auf drei Jahre angelegt ist. Im Rahmen dieser Kooperation stellt Bitpanda der LBBW eine „Investing-as-a-Service“-Infrastruktur zur Verfügung, die der Verwahrung und Beschaffung von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum dient. Die LBBW reagiert damit auf die wachsende Nachfrage ihrer Unternehmenskunden nach digitalen Assets und positioniert sich strategisch im Bereich der Kryptoverwahrung, ohne selbst eine entsprechende Lizenz zu besitzen. Bitpanda bringt als technischer Partner seine regulatorische Expertise ein, verfügt über eine MiFID II-Lizenz für Wertpapierfirmen, eine E-Geld-Lizenz nach PSD II sowie mehrere Kryptolizenzen in verschiedenen europäischen Ländern.
Ein zentraler Bestandteil der Zusammenarbeit liegt in der technischen Integration der digitalen Plattform von Bitpanda in die traditionellen Prozesse der LBBW. Dies umfasst die Implementierung von Schnittstellen, die eine nahtlose Verbindung zwischen der bestehenden IT-Infrastruktur der Bank und den digitalen Systemen von Bitpanda ermöglichen. Im Zuge dessen werden Prozesse wie die digitale Vermögensverwahrung, das Reporting sowie die Transaktionsabwicklung über einen einheitlichen, nachvollziehbaren und sicheren Rahmen abgewickelt. Gleichzeitig erfüllt das Kooperationsmodell die Anforderungen der Aufsichtsbehörden, indem es sowohl nationale als auch europäische regulatorische Vorgaben – etwa im Rahmen der MiCA-Verordnung – berücksichtigt.
Durch diese Partnerschaft wird die LBBW in die Lage versetzt, ihren Kunden ein Angebot bereitzustellen, das den heutigen Ansprüchen an digitale Finanzdienstleistungen gerecht wird. Die Integration digitaler Assets in das Portfolio einer traditionellen Bank eröffnet neue Perspektiven hinsichtlich der Diversifizierung von Anlageprodukten und der Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen. Darüber hinaus erlaubt die Zusammenarbeit, dass technologische Neuerungen schrittweise in den Bankbetrieb einfließen, ohne dass die bestehende Systemlandschaft grundlegend verändert werden muss. Dies wird insbesondere durch die modulare Struktur der Bitpanda-Plattform ermöglicht, die flexibel in die Prozesse der LBBW integriert werden kann.
Insgesamt ist die Kooperation zwischen LBBW und Bitpanda ein spannendes Beispiel dafür, wie traditionelle Finanzinstitute und spezialisierte FinTech-Unternehmen zusammenarbeiten können, um innovative Produkte zu entwickeln, die den Anforderungen eines sich wandelnden Marktes entsprechen.
DekaBank, LBBW, Standard Chartered & Comyno (SWIAT)
Die SWIAT-Plattform stellt ein gemeinsames Projekt dar, das von DekaBank, LBBW, Standard Chartered und dem FinTech-Unternehmen Comyno als Joint Venture realisiert wird. Die Eigentümerstruktur verteilt sich dabei auf DekaBank, LBBW und Standard Chartered mit jeweils 30 Prozent sowie Comyno mit 10 Prozent der Anteile. Diese Initiative, die erstmals im Februar 2022 von der DekaBank ins Leben gerufen wurde, hat zum Ziel, eine standardisierte Infrastruktur für die Emission, den Handel und die Abwicklung digitaler Assets zu schaffen. Die Plattform nutzt Blockchain-Technologie, um die Prozesse im Post-Trade-Bereich zu digitalisieren und damit mehr Transparenz, Nachvollziehbarkeit sowie Effizienz in der Abwicklung von tokenisierten Finanzinstrumenten zu gewährleisten.
SWIAT (Secure Worldwide Interbank Asset Transfer) zielt darauf ab, einen einheitlichen Standard für die Verarbeitung von Blockchain-basierten Wertpapieren zu etablieren und ermöglicht die Echtzeit-Abwicklung von Wertpapierleihen, Pensionsgeschäften, Derivaten und Anleiheemissionen. Die technische Infrastruktur basiert auf Enterprise Ethereum und ermöglicht regulierten Finanzmarktakteuren die Emission, den Handel und die Abwicklung verschiedener Asset-Klassen.
Das Kooperationsmodell von SWIAT folgt einem klar strukturierten Ansatz, bei dem jeder Partner eine definierte Rolle übernimmt und gemeinsam an der Weiterentwicklung einer digitalen Infrastruktur arbeitet, die den regulatorischen Anforderungen, wie sie beispielsweise durch MiCA vorgegeben werden, entspricht. Durch die modulare und flexible Architektur der Plattform können unterschiedliche Anwendungsfälle im Bereich digitaler Assets abgedeckt werden – von der Verwahrung und dem Handel bis hin zur Abwicklung von Transaktionen. Dieses Konzept soll sowohl institutionellen als auch – in späteren Phasen – auch Privatkunden den Zugang zu digitalisierten Wertpapierdienstleistungen erleichtern, ohne dass bestehende IT-Strukturen vollständig ersetzt werden müssen.
Die Partnerschaft zeigt sich als zukunftsweisend: SWIAT unterstützt bereits die DekaBank und LBBW bei den New Technologies Wholesale Trials der Europäischen Zentralbank und prognostiziert ein jährliches Wachstum des dezentralen Finanzmarktes in Europa von über 60 Prozent bis 2030, mit einem erwarteten Volumen von mehr als 3 Billionen Euro. Die Kombination aus der Bankenexpertise der drei Finanzinstitute und der technologischen Kompetenz von Comyno positioniert SWIAT als vielversprechende Infrastrukturlösung für die digitale Transformation des Wertpapiergeschäfts.
Fazit
Die Analyse der strategischen Partnerschaften zwischen deutschen Banken und Krypto-Unternehmen offenbart einen klaren Trend zur Integration digitaler Vermögenswerte in das traditionelle Bankgeschäft. Diese Kooperationen zeigen, dass etablierte Finanzinstitute die Bedeutung von Kryptowährungen und Blockchain-Technologie für die Zukunft des Finanzsektors erkannt haben.
Diese Entwicklungen werden durch regulatorische Fortschritte wie die MiCA-Verordnung begünstigt, die einen klaren Rahmen für Krypto-Dienstleistungen in der EU schafft. Die Partnerschaften ermöglichen es den Banken, schnell Expertise aufzubauen und innovative Produkte anzubieten, ohne die gesamte technologische Infrastruktur selbst entwickeln zu müssen.
Für die Zukunft des deutschen Finanzplatzes bedeuten diese Kooperationen einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung und Modernisierung. Sie positionieren deutsche Banken als Vorreiter in der Verbindung von traditionellem Banking mit digitalen Vermögenswerten und könnten langfristig zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandorts Deutschland beitragen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie erfolgreich diese Partnerschaften in der Praxis sind und ob sie das Potenzial haben, das Bankgeschäft nachhaltig zu verändern.